Neurochirurgie Neurozentrum Wallis

Die Neurochirurgie ist die medizinische Fachrichtung, die sich mit der chirurgischen Behandlung der Erkrankungen des Nervensystems befasst. Es handelt sich dabei um das Gehirn, das Rückenmark, die Spiralnerven und ihre Hüllen mit dem Schädel und der Wirbelsäule.

Die Neurochirurgie ist Bestandteil der klinischen Neurowissenschaften und arbeitet eng mit anderen Fachrichtungen zusammen. Die wichtigsten sind die Neurologie (Diagnose und nicht chirurgische Behandlung der Erkrankungen des Nervensystems), die Neuroonkologie (Behandlung von Tumoren), die Neuroradiologie (spezialisierte bildgebende Verfahren für das Gehirn und die Wirbelsäule), die Neurorehabilitation und die Orthopädie.

Mit einem Operationsmikroskop und sehr feinen Instrumenten setzt der Neurochirurg sogenannte mikrochirurgische Techniken ein. Damit kann er einerseits mit hoher Präzision arbeiten und andererseits die Grösse der Narben begrenzen. Von den übrigen im Spital Wallis eingesetzten modernen Techniken kann noch die minimalinvasive Chirurgie erwähnt werden.

Der medizintechnische Bereich der Abteilung Neurochirurgie von Sitten entspricht demjenigen eines Universitätszentrums mit Mikroskop, Neuronavigationssystem (=GPS des Gehirns), O-am (System, mit dem die Schrauben in der Wirbelsäule präzis platziert werden können), intraoperativer Elektrophysiologie durch einen Neurologen, der die Nervenaktivität während des Eingriffs misst, sowie mit zerebralen und spinalen Endoskopiesystemen. Damit kann das gesamte Spektrum der Neurochirurgie abgedeckt werden, mit Ausnahme der HSM (hochspezialisierte Medizin) wie vaskuläre Neurochirurgie (Aneurysmen) und tiefe zerebrale Stimulation zum Beispiel für die Behandlung von Parkinson.

Ein grosser Teil der neurochirurgischen Tätigkeit erfolgt in extremen oder relativen Notfallsituationen. Diese medizinische Fachrichtung erfordert deshalb einen grossen medizintechnischen Bereich (bildgebende Verfahren, Operationsmikroskop, zerebrale und spinale Endoskope, Navigation, Spezialinstrumente, Neuroanästhesie, ...). Damit können die Neurochirurgen des Spital Wallis die meisten neurochirurgischen Operationen im Spital Sitten ausführen, das über den Status als «Traumazentrum» verfügt.

Einige seltene Läsionen, wie zum Beispiel das Hirnaneurysma, erfordern eine besondere Infrastruktur. Personen mit diesen Erkrankungen werden nicht behandelt, sondern in ein Universitätszentrum verlegt.  Das ist auch der Fall für die Radiochirurgie und die pädiatrische Neurochirurgie. Diese Transfers werden erleichtert durch eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen der Abteilung Neurochirurgie des Spital Wallis und derjenigen des Waadtländer Universitätszentrums (CHUV), mit dem ein regelmässiger Kontakt gepflegt wird. Ein ständiger Austausch findet ebenfalls mit den Kollegen von Brig statt. Der Neurochirurg dieses Spitals, Dr. Perrig, begibt sich nach Sitten, um die Hirntumore der Patientinnen und Patienten aus dem Oberwallis zu operieren.

Die Abteilung Neurochirurgie des Spital Wallis führt jährlich über 600 Operationen durch.

Untersuchungen

Endoskopie für Bandscheibenvorfälle der Lendenwirbel

Die Abteilung Neurochirurgie des Spitalzentrums des französischsprachigen Wallis (CHVR) ist die erste öffentliche Abteilung in der Schweiz, in der das gesamte Team für die Endoskopie der Bandscheibenvorfälle der Lendenwirbel geschult ist.
Diese Erkrankung tritt häufig bei den untersten Lendenwirbeln auf. Sie ist die Folge eines Risses des Faserrings der Bandscheibe.
Es bestehen zwei therapeutische Möglichkeiten: Wenn keine bedeutende Muskelschwäche vorliegt, wird vorerst eine konservative, nicht chirurgische Behandlung vorgeschlagen.  Dabei handelt es sich um schmerzlindernde oder entzündungshemmende Medikamente, welche die Schmerzen und die Entzündung lindern. Zusätzlich wird meistens Physiotherapie und eine Infiltration in die gestauchte Wurzel unter Scanner verschrieben. Wenn diese konservative Behandlung keinen Erfolg hat oder wenn eine bedeutende Muskelschwäche besteht, wird ein chirurgischer Eingriff vorgeschlagen. Dabei wird das Gewebe, das den Nerv zusammendrückt, entfernt, um die Schmerzen auszuschalten und die Kraft wieder aufzubauen.

Endoskopische Operation: bedeutende Vorteile für die Patienteninnen und Patienten

Mit dem Endoskop, einem feinen Gerät mit einem Durchmesser von 8 mm, kann mit Hilfe einer Kamera im Innern des Wirbelkanals gearbeitet werden. Dieses Vorgehen wird für alle Patientinnen und Patienten in Betracht gezogen, die sich für eine Operation entscheiden.
Dieser minimalinvasive Eingriff hat für die Patientinnen und Patienten zahlreiche Vorteile:

  • Keine Blutungen, da die Muskeln nicht durchtrennt werden
  • Deutliche Reduktion der postoperativen Schmerzen
  • Praktisch kein Infektionsrisiko
  • Minimale Narben auf der Haut und rund um den Nerv
  • Wiederaufnahme der üblichen Tätigkeit früher als bei einer traditionellen Operation, die 4 bis 6 Wochen Erholungszeit erfordert

Erkrankungen

Hirntumor

Ein Tumor ist ein anormales Wachstum. Ein Hirntumor verhindert eine normale Funktionsweise des Gehirns. Er kann ganz klein oder bereits sehr gross sein (Mandarinengrösse), wenn er entdeckt wird. Er muss also entfernt werden. Meistens wird mit einer mikrochirurgischen Technik gearbeitet, wobei der Schädel geöffnet wird. In gewissen Fällen wird die Radiochirurgie eingesetzt. Es handelt sich um eine extrem präzise und intensive Bestrahlungstechnik, bei welcher der Schädel nicht geöffnet werden muss. In anderen Fällen muss ein kleines Stück des Tumors entnommen werden (stereotaktische Biopsie), um die bestmögliche Behandlung zu ermitteln. 

Intrazerebrale Blutung

Je nach Art der Blutung muss der Neurochirurg den Schädel öffnen und das Gerinnsel entfernen. Manchmal kann das Blut durch zwei kleine Öffnungen im Schädel abgeführt werden. Bei einer Blutung nach einem Schlaganfall muss eine Notfalloperation durchgeführt werden. In diesem Fall handelt es sich um eine lebensbedrohliche Notsituation.

Ein verengter Spinalkanal im Bereich der Lendenwirbel

In diesem Kanal verlaufen das Rückenmark und die Nerven. Oft wird der Kanal aufgrund einer Arthrose verengt. Mit verschiedenen Techniken (Laminektomie, Foraminotomie, Laminoplastie, ...) kann der Spinalkanal wieder erweitert werden. Diese Eingriffe erfolgen unter Mikroskop. Seit 2022 wird in gewissen Fällen auch eine minimalinvasive Endoskopie eingesetzt.

Hydrocephalus

Es handelt sich um eine anormale Ansammlung von Wasser im Gehirn. In diesem Fall implantiert der Neurochirurg vom Gehirn bis zum Bauch einen kleinen Schlauch mit einem Ventil, damit die Flüssigkeit abfliessen kann. In gewissen Fällen ermöglicht eine endoskopische Operation die Wiederherstellung der Zirkulation des Liquors, so dass auf die Implantation eines Ventils verzichtet werden kann.

Bandscheibenvorfall der Lenden- oder Halswirbel

Es handelt sich um die Kompression eines Spinalnervs oder des Rückenmarks in der Wirbelsäule durch ein Fragment der Bandscheibe. Mit der Operation wird das Fragment, das den Nerv zusammendrückt, entfernt. Die Operation erfolgt unter Mikroskop durch Mikrochirurgie (Mikrodisektomie). Seit 2019 gelangt auf der Höhe der Lendenwirbel ebenfalls ein endoskopischer Eingriff zur Anwendung (Schnitt von 8 mm).

Intrazerebrale Blutung

Je nach Art der Blutung muss der Neurochirurg den Schädel öffnen und das Gerinnsel entfernen. Manchmal kann das Blut durch zwei kleine Öffnungen im Schädel abgeführt werden. Bei einer Blutung nach einem Schlaganfall muss eine Notfalloperation durchgeführt werden. In diesem Fall handelt es sich um eine lebensbedrohliche Notsituation.

Schädel-Hirn-Trauma

Das Schädel-Hirn-Trauma ist die Folge einer Verletzung des Schädels und/oder des Gehirns. Je nach Fall muss der Neurochirurg eine Sonde ins Gehirn einführen, eine Operation durchführen, um ein Blutgerinnsel zu entfernen, einen Schädelbruch versorgen, ... Es handelt sich um schwerwiegende, immer dringliche Fälle, die zur Neurorehabilitation einen mehr oder weniger langen Aufenthalt in der Intensivpflege erfordern.

Die Behandlung von Wirbelsäulenbrüchen

In gewissen Fällen muss der Neurochirurg das Material entfernen, welches das Rückenmark zusammenpresst, und die Wirbel fixieren.

Aneurysmaruptur

Es handelt sich um eine Anomalie einer Hirnarterie, die geblutet hat und repariert werden muss. Das kann mit einem Eingriff (Clipping durch den Neurochirurgen) oder durch das Einführen einer Sonde in die Arterie (Embolisation durch den Neuroradiologen) erfolgen. Diese Gefässerkrankungen werden in den Universitätszentren behandelt.

Spondylodese (zervikal/dorsal/lumbal)

In gewissen Fällen müssen zwei oder mehrere Wirbel «fixiert» werden. Mit Schrauben und Platten werden die Wirbel versteift. Die Bandscheiben werden durch Implantate ersetzt. Je nach Fall erfordern diese Eingriffe nur kleine Schnitte (minimalinvasive Chirurgie).

Kyphoplastie

Bei einem Wirbelbruch aufgrund eines Unfalls kann der Wirbel manchmal durch eine Injektion von Zement wieder in seiner ursprünglichen Form hergestellt werden.

Die häufigsten Erkrankungen und Behandlungen in der Neurochirurgie

Die Abteilung für Neurochirurgie des Spitalzentrums des französischsprachigen Wallis (CHVR) ist die erste in der Schweiz, deren gesamtes Team für die Endoskopie bei lumbalen Bandscheibenvorfällen ausgebildet ist. Diese minimalinvasive chirurgische Lösung vereint zahlreiche Vorteile für die Patienten.

Diese Pathologie, die sich häufig auf Höhe der letzten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule befindet, entsteht durch einen Riss des äußeren Rings der Bandscheibe. 

Es gibt zwei Behandlungsmöglichkeiten: Sofern keine erhebliche Muskelschwäche vorliegt, wird zunächst eine sogenannte konservative, nicht-chirurgische Behandlung vorgeschlagen.  Dabei handelt es sich um schmerzstillende oder entzündungshemmende Medikamente, die Schmerzen und Entzündungen lindern, gerne in Kombination mit Physiotherapie oder sogar einer CT-gestützten Infiltration der komprimierten Wurzel. Wenn diese konservative Behandlung fehlschlägt oder eine deutliche Muskelschwäche auftritt, wird ein chirurgischer Eingriff vorgeschlagen; durch die Entfernung des Bandscheibenfragments, das den Nerv komprimiert, können die Schmerzen beendet und die Kraft wiedergewonnen werden.

Endoskopische Operation: erhebliche Vorteile für die Patienten.

Das Endoskop, ein dünnes Gerät mit einem Durchmesser von 8 mm, ermöglicht es, mithilfe einer Kamera in den Wirbelkanal zu blicken und dort zu arbeiten. Diese Vorgehensweise wird für alle Patienten und Patientinnen in Betracht gezogen, die sich für eine Operation entscheiden.

  • Keine Blutungen, da die Muskeln nicht durchtrennt werden.
  • Deutliche Verringerung der postoperativen Schmerzen. 
  • Infektionsrisiko praktisch nicht vorhanden. 
  • Minimale Narbe nicht nur an der Haut, sondern auch in der Tiefe um den Nerv herum.

Die Person kehrt vor den 4 bis 6 Wochen, die nach einer herkömmlichen Operation erforderlich sind, zu ihrem gewohnten Aktivitätsniveau zurück.

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