«In den letzten Tagen hatten wir es mehrfach mit Herzinfarktpatienten zu tun, die leider nicht sofort reagierten», sagt Dr. Grégoire Girod, Chefarzt der Kardiologie am Spitalzentrum des französischsprachigen Wallis (CHVR). Auch am Universitätsspital Lausanne hat man dieses Phänomen beobachtet. Gerade bei Brustschmerzen scheuen sich im Moment einige vor dem Arzt oder Spital.
«So kommen diese Patienten erst zwei oder drei Tage nach dem Infarkt ins Spital und man kann das Herzmuskelgewebe nicht mehr retten», bedauert der Facharzt. «Natürlich sind dies spezielle Zeiten», fährt er fort, «aber wenn Brustschmerzen nach 15 bis maximal 30 Minuten nicht aufhören, sollte man nicht zögern! Wird ein Infarkt zu spät behandelt, kann dies dramatische Folgen haben – von einer Herzinsuffizienz bis zum Tod.»
Momentan reden alle von COVID-19, «aber die anderen Krankheiten gibt es immer noch und es ist äusserst wichtig, dass Patienten mit Brustschmerzen keinen Moment zögern, bei Symptomen die Notrufnummer 144 zu wählen.»
Gilt auch für Hirnschlag
Die obigen Anweisungen gelten auch für andere Erkrankungen, bei denen es auf jede Minute ankommt, insbesondere Hirnschlag (Schlaganfall). Seit Beginn der Coronavirus-Krise verzeichnet man in den Spitälern weniger Hirnschlagpatienten. Daher lanciert FRAGILE Suisse, die Organisation für Menschen mit Hirnverletzung, einen Appell an die Bevölkerung: Bei folgenden Symptomen sollte man sich sofort in notfallmedizinische Behandlung begeben: halbseitige Lähmung – Schwäche oder Gefühlsstörung in Gesicht, Arm oder Bein – Probleme zu sprechen, Worte zu finden oder Sprache zu verstehen – Sehstörungen – Schwindel, Erbrechen, Übelkeit – Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen – plötzliche heftige Kopfschmerzen.
«Die Angst, sich im Spital zu infizieren, ist unbegründet», sagt Dr. Christophe Bonvin, Leitender Arzt in der Neurologie des CHVR. «Auf der Notfallstation werden die Patientenströme für COVID-19-Verdachtsfälle und andere Fälle getrennt, so dass kein Kontakt zwischen den beiden Bereichen besteht», erklärt er. «Bis auf ein paar kleine Details können wir Herzinfarkt- und Hirnschlagpatienten so behandeln wie immer.»