Spitalzentrum Oberwallis – Schmerzklinik

Hoffnung für chronische Schmerzpatienten

Erfolgreicher Start des 1. Oberwalliser multimodalen Schmerzprogrammes «Besser leben mit Schmerzen» im Spitalzentrum Oberwallis (SZO).  

Der Rücken ist das Kreuz der Schweizer 

Ein Viertel der Bevölkerung im Alter von über 20 Jahren leidet an Rückenschmerzen. Kreuzschmerzen sind ein sehr häufiges Leiden, das bei 80% der Bevölkerung mindestens einmal im Leben vorkommt. Je nach Dauer und Ausprägung können Kreuzschmerzen die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Patienten erheblich einschränken. Sie sind eine der führenden Ursachen für Arbeitsunfähigkeit und der zweithäufigste Grund für Besuche in der Arztpraxis. 

Die meisten Rückenschmerzen klingen nach einigen Tagen oder wenigen Wochen wieder ab. Bei jedem 10. Patienten werden sie leider chronisch, d.h. sie dauern länger als drei Monate an. 

Unspezifischer Rückenschmerz - was heisst das? 

85% aller Rückenschmerzen werden als unspezifisch betrachtet, d.h. sie haben eine multifaktorielle Ursache, ohne dass man ein Substrat findet.  Die meisten Patienten bewegen sich zu wenig, haben eine schwache Muskulatur, vielleicht auch eine anlagemässige leichte Fehlformierung. Übergewicht sowie einseitige, oft sitzende Tätigkeiten, Unzufriedenheit oder gar Mobbing am Arbeitsplatz tragen das ihre dazu bei. Das kann in der Summe zu Wirbelsäulenbeschwerden führen, ohne dass man etwas in der Diagnostik sieht, also durch Röntgen oder MRI feststellen kann. 

Gerade weil unspezifische Rückenschmerzen eine multifaktorielle Ursache haben, braucht es zur erfolgreichen Behandlung auch einen interdisziplinären und multimodalen Ansatz. 

Erste Oberwalliser multimodale stationäre Schmerztherapie im SZO 

Unter der Verantwortung der leitenden Ärztin der Schmerzklinik Brig, Frau Dr. Birgit Sojer, fand in der Zeit vom 04.06. bis 22.06.2018 im Spital Brig die 1. Oberwalliser multimodale stationäre Schmerztherapie statt. Die erste Gruppe chronischer Schmerzpatienten, drei Männer und drei Frauen im Alter von 30 bis 63 Jahren unterzogen sich einem sehr intensiven dreiwöchigen Programm zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederaufnahme ihrer Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität.  

Multimodales Schmerzprogramm nach dem bio-psycho-sozialen Modell 

Das multimodale Schmerzprogramm ist nach dem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell aufgebaut, d.h. alle Dimensionen einer chronischen Krankheit, die körperlichen (biologischen), die seelischen (psychischen und geistig/spirituellen) sowie das Zusammenleben und das Arbeiten (soziale) werden berücksichtigt.  

Dies erfordert ein grosses interdisziplinäres Team bestehend aus speziell weitergebildeten Physiotherapeuten, Pain Nurses, Ergotherapeuten, Meditations- und Yogatherapeuten, Musik- und Kunsttherapeutinnen, Sozial- und Ernährungsberatern sowie einem Schmerzpsychologen und verschiedenen Schmerzmedizinern.  

Den Patienten werden die wichtigen aber oft nicht bekannten Zusammenhänge zwischen Schmerz-Gefühlen-Gedanken und sozialen Faktoren sehr ausführlich vermittelt. Sie erhalten neben der Schmerzedukation eine umfassende Physiotherapie zur Aktivierung verloren gegangener Fähigkeiten im Rahmen von Gruppen- und Einzelbehandlungen. Aufgabe des Schmerzpsychologen ist es u.a., mit den Patienten Ressourcen zu mobilisieren und Strategien zur Schmerzbekämpfung zu erarbeiten. Ein grosses Thema ist hierbei die enge Verknüpfung zwischen Stress und Schmerz;  

von daher werden den Patienten verschiedene Angebote der Entspannungstechniken vermittelt. Um den Fokus weg vom Schmerz zu leiten, bietet das Programm Kunst- und Maltherapie, sowie Handfertigkeiten in einer Kochgruppe an.  

Für versicherungstechnische Fragen und um die Rückkehr in die Berufswelt zu optimieren, steht den Patienten der Sozialberater des Spitalzentrums Oberwallis zur Seite. 

Fazit der Patienten 

Obwohl es sehr strenge drei Wochen waren und man sich öfters eine längere Pause gewünscht hätte, profitierten alle sechs Teilnehmer sehr von dem abwechslungs-reichen Programm und gaben ein positives Feedback ab.  

Sie lernten, ihre chronischen Schmerzen besser zu akzeptierten, in dem sie Strategien anwendeten, die vom Schmerz und vom Leiden ablenken. Alle verbesserten sich in der körperlichen Ausdauer, Beweglichkeit und Kraft durch die intensive Physiotherapie. Wie wichtig die Anwendung von Entspannungstechniken sind, konnten sie täglich erfahren.  

Die Tatsache, dass schmerzlindernde Medikamente in der chronischen Schmerztherapie nur eine Krücke und nicht die Lösung des Problems sind, wurde von allen schnell akzeptiert, so dass keiner der Teilnehmer das Programm mit einer fixen Schmerzmedikation beendete.  

Allen Teilnehmern wurden am Ende der drei Wochen Hilfsmittel und Heimprogramme zur Verfügung gestellt, so dass sie nun auch ohne fremde Hilfe, ihre Schmerzen lindern können. 

Für wen? 

Das Oberwalliser stationäre multimodale Schmerzprogramm eignet sich für Patienten, die unter einer chronischen Schmerzkrankheit leiden aus den Bereichen Rückenschmerzen, Ganzkörperschmerzen (wie Fibromyalgie), Bauchschmerzen, Nervenschmerzen sowie Kopf- und Gesichtsschmerzen. Die Patienten müssen bereit sein, auf passive Massnahmen zu verzichten und aktiv zur Verbesserung ihres Gesundheitszustandes beitragen zu wollen. Ausschlusskriterien sind mangelnde Deutschkenntnisse sowie ein laufendes Rentenbegehren. 

Die Krankenkassen oder Unfallversicherungen bezahlen ein stationäres multimodales Schmerzprogramm, wenn die bisherigen ambulanten Therapien unwirksam waren, eine längere Arbeitsunfähigkeit (>12 Wochen) und somit eine Gefährdung des Arbeitsplatzes besteht, die Lebensqualität durch den Schmerz stark eingeschränkt ist oder ein Medikamentenfehlgebrauch besteht.  

Um diese Kriterien zu erfassen findet im Vorfeld ein interdisziplinäres Schmerzassessment statt.