Hirnschlag - Anne Lamon Albasini erzählt.
Anne Lamon Albasini erlitt in Frankreich einen Hirnschlag. Dank schneller Rettung und unbändigem Lebenswillen ist sie heute fast vollständig genesen.
«Ich hatte sehr viel Glück...»
Diesen Satz hört man im Gespräch mit Anne Lamon Albasini immer wieder. Letzten Sommer wurde sie in den Ferien in Frankreich von einem Hirnschlag überrascht. Sie hatte Glück im Unglück, denn ihr Mann erkannte sofort den Ernst der Situation. «Er machte alles genau richtig.»
Rückblende: 13. Juli 2011, ein Campingplatz in Toulon, Frankreich. Es ist gegen 7.00 Uhr. Anne Lamon Albasini erwacht und steht auf. Kurze Zeit später sinkt sie auf ihr Bett zurück. Was danach geschah, weiss sie nur noch ansatzweise. «Mein Mann hat mir alles erzählt. Ich selbst weiss nur noch, dass ich beim Erwachen einen leichten Schmerz in der rechten Kopfhälfte verspürte und mich nochmals hinlegen wollte, um ein bisschen weiterzuschlafen.» Ihr Mann hört, wie seine Frau etwas mit sonderbarer Stimme sagt, macht das Licht an und sieht «in ein Gesicht, das wie aus zwei unabhängigen Hälften bestand.» Er ahnt sofort, dass es sich um einen Hirnschlag handelt und schlägt umgehend Alarm. «Die Feuerwehr war innerhalb von 5 Minuten da und brachte mich ins Spital Sainte-Anne in Toulon», erzählt Frau Lamon Albasini.
Wie immer bei einem Hirnschlag war auch hier der Zeitfaktor massgebend für den späteren gutartigen Verlauf. «Ich hatte grosses Glück, das alles so schnell ging. Ausserdem ist das Spital, in das man mich brachte, eines der besten im Frankreich für die Behandlung von Hirnschlägen. Dort fand man heraus, dass meine Motorik und Reflexe betroffen waren, nicht aber das Sprachzentrum.» Die Ärzte führten eine Thrombektomie durch, um das Gerinnsel aus der Arterie zu entfernen.
«Stellen Sie sich vor: Sie wollen sich bewegen und es passiert nichts.»
Anne Lamon Albasini wird nach 10 Tagen per Ambulanz von Toulon ins Spital Sitten verlegt, wo sie weitere 10 Tage verbringt, bevor die Reha in der Westschweizer Suva-Rehabilitationsklinik beginnt. «Ich fühlte mich an allen drei Orten sehr gut aufgehoben.» Dann wird sie nachdenklich und sagt: «Meine ganze linke Seite war gelähmt. Stellen Sie sich vor: Sie wollen ein Körperteil bewegen, schauen dieses an, aber es passiert einfach nichts. Das war beängstigend und brauchte zu Beginn viel, viel Geduld.» Doch nach und nach zeigen die intensiven Übungen Wirkung. Die Körperfunktionen kommen langsam zurück: zuerst die Schulter, dann der Ellbogen, dann das Handgelenk. «Als ich einen Finger wieder bewegen konnte, war das wie ein Sieg. Tag für Tag, Woche für Woche erlangte ich meine Mobilität Millimeter um Millimeter zurück. Das Gefühl an gewissen Körperstellen ist zwar auch ein Jahr nach dem Hirnschlag noch nicht ganz zurück, aber das braucht halt mehr Zeit als die Motorik.»
Enge Verbindung zwischen Körper und Geist
Als berufsmässige Psychomotorik-Therapeutin weiss Frau Lamon Albasini um die enge Verbindung zwischen Körper und Geist. «Wenn der Körper nicht so funktioniert, wie der Geist möchte, leidet das Selbstbewusstsein sehr darunter. Das wusste ich natürlich schon, aber es 1:1 am eigenen Leib zu erleben, war für mich eine sehr prägende Erfahrung.» Mit der Unterstützung ihres Mannes, ihrer Angehörigen und verschiedener kompetenter Gesundheitsfachleute (Physiotherapie, Ergotherapie, Akupunktur, Reflexologie) gelingt es Frau Lamon Albasini, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. «Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich es ohne Rollstuhl schaffe. Es war mir klar, dass es eine gewisse Zeit braucht, aber ich wusste auch, dass ich schlussendlich wieder gesund werde. Ich gab alles, um dieses Ziel zu erreichen.»
Ihr Durchhaltewille hat sich gelohnt. Dank eines verständnisvollen Arbeitgebers und der Solidarität ihrer Arbeitskolleginnen und -kollegen konnte Frau Lamon Albasini mit einem kleinen Pensum an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und dieses ständig ausbauen, so dass sie bald wieder gleich viel arbeiten wird wie vorher. «Das ist ein grosser Schritt für mich.» Auch das Autofahren ist wieder möglich. Frau Lamon Albasini hat gelernt, auf sich zu hören und – um im Autojargon zu bleiben - «einen Gang zurückzuschalten», wenn der Körper dies verlangt. «Ich erlaube mir mittlerweile, nicht immer Perfektionistin zu sein und akzeptiere, dass ich nicht mehr alles auf dieselbe Weise oder mit derselben Schnelligkeit wie vorher tun kann. Und ich hatte wirklich Glück im Unglück. Vieles, was nach dem Hirnschlag hätte schiefgehen können, ging glücklicherweise gut.»